Napoleons Ende auf St. Helena und der Arenenberg
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Sonderausstellung «1821 Napoleons Ende: St. Helena, Arenenberg und die Geburt einer Legende» im Année Napoléon 2021
Napoleons Ende auf St. Helena und der Arenenberg
Vor 200 Jahren starb Napoleon I. in der Verbannung auf St. Helena, einer weit abgeschlagenen Insel im Südatlantik. Anlass für das Napoleonmuseum, seine diesjährige Sonderausstellung dem «großen Korsen» zu widmen. Sie zeigt, wie Napoleon und seine Erben ganz bewusst an der Legende geschmiedet hatten, die bis heute das Bild des ehemaligen französischen Kaisers prägt. Die Ausstellung «1821 Napoleons Ende: St. Helena, Arenenberg und die Geburt einer Legende» ist vom 10. bis 24. Oktober 2021 auf dem Arenenberg zu sehen. Sie ist der Thurgauer Beitrag zum weltweit begangenen Année Napoléon 2021, das von der «Fondation Napoléon» (Paris) koordiniert wird. Gleichzeitig ist sie die einzige Ausstellung im deutschsprachigen Raum während des Jubiläumsjahres.
Spätestens mit dem Tod Napoleons I. auf St. Helena im Jahr 1821 rückte der Arenenberg in den Blickpunkt Europas. Die Hoffnungen der Bonapartes fokussierten sich nun auf Königin Hortense, Napoleons im Thurgauer Exil lebende Stieftochter und Schwägerin. Ihre Söhne galten als die einzig realistischen Nachfolger des Kaisers. Deshalb machte sie ihr Schloss am Bodensee ganz bewusst mit zahlreichen Erinnerungsstücken zu einem Ort des Gedenkens an Napoleon und inszenierte sich als dessen Erbin. Ihren Sohn Louis bereitete sie außerdem darauf vor, einst in die Fußstapfen des berühmten Onkels zu treten. Die Siegermächte und das nun wieder königliche Frankreich ahnten eine solche Entwicklung und fürchteten sich davor. Sie versuchten, die Bewohner des Arenenbergs so eng wie möglich zu überwachen.
Die diesjährige Sonderausstellung geht anlässlich des 200-sten Todesjahres Napoleons I. und des weltweit begangenen Année Napoléon 2021 der Frage nach, wie Napoleon selbst und dessen Nachfahren seine Lebensgeschichte bewusst zur Legende geformt haben – in seinen letzten Jahren auf St. Helena und dann vor allem durch Hortense de Beauharnais in ihrem Exil auf dem Thurgauer Arenenberg. Diese Legende sollte ihn lange, in vielen Teilen sogar bis heute, überleben und den Weg für seinen Nachfolger ebnen: den zum Todeszeitpunkt gerade einmal 13-jährigen Sohn von Hortense, Louis Napoléon.
Hauptattraktion der Ausstellung ist die sogenannte «crypte» (Krypta). In diesem Raum im Prinzenflügel nimmt eine Art gläserner Sarkophag die kostbaren Ausstellungsstücke rund um den Tod und die Legende Napoleons auf. Einer der Höhepunkte: das Feldbett, in dem Napoleon gestorben sein soll. Außerdem finden sich im Glas-Sarkophag eine Vielzahl der damals wie Reliquien verehrten Andenken an den General Buonaparte (nach dem Willen der Siegermächte durfte er nur noch so genannt werden) und sein eintöniges Leben und Sterben im Exil – ganz ähnlich, wie sie Hortense einst in speziellen Vitrinenschränken präsentierte. Sie hatte nämlich bereits ihr eigenes «Napoleonmuseum» eingerichtet, lange bevor das heutige Museum gestiftet wurde.
Unter den Exponaten findet sich einer der wenigen bronzenen Gesichtsabdrücke des toten Napoleons, bekrönt von einem goldenen Lorbeerkranz, originale Handzeichnungen von chinesischen Angestellten, die im Angesicht des Verstorbenen angefertigt worden waren oder Haarreliquien – abgeschnitten kurze Zeit nach dem Tod. Die Arenenberger Stücke trugen vor einigen Jahren sogar zur Klärung der Todesursache Napoleons bei! Eine Kopie des Talismans Karls des Großen – das Original diente als Symbol und zum Schutz der bonapartistischen Dynastie – zeigt die Verbindung zwischen Napoleon I., seiner Frau Joséphine, deren Tochter Hortense (sie trug ihn als kostbarsten Schmuck) zu Napoleon III. und dessen Frau Eugénie. Sie entfernte ihn nach dem Tod ihres Sohnes aus den kaiserlichen Sammlungen und verschenkte ihn an das Domkapitel der Kathedrale von Reims.
Das auf Arenenberg sonst ausgestellte dramatische Ölgemälde vom Moment des kaiserlichen Todes (Tod Napoleons I. auf Sankt Helena, Carl von Steuben) wurde aus Verbundenheit nach Frankreich ausgeliehen. Das Original wird durch eine um ein Vielfaches vergrößerte Kopie ersetzt, die dem Besucher ermöglicht, illusionistisch in den Raum des Geschehens zu treten und alle Details zu studieren – bis zum Ornament der Tapete. Auf Sankt Helena längst verloren, erhielt sich ein Fragment vom Original in den Arenenberger Sammlungen und wird nun ausgestellt. Dank dieses Arenenberger Stückes konnte auf St. Helena die Wandbespannung rekonstruiert und wieder angebracht werden.
Eine Besonderheit stellt zudem die Inszenierung des Napoleongrabs im Schlosspark dar. In Anlehnung an das Originalgrab auf St. Helena ließ Hortense um 1821/22 zusammen mit dem Napoleon-Vertrauten Gaspard Gourgaud im westlichen Schlosspark eine Weide, genannt „Saule de Sainte-Hélène“, pflanzen. Vieles deutet darauf hin, dass unter der Arenenberger Weide außerdem eine Grabanlage aus Stein existierte. Zur Sonderausstellung wird daher eine Installation die Grabkopie visualisieren. Dazu wurde eine schmucklose, mit großem N beschriftete Grabplatte aus Rorschacher Sandstein gesetzt und – so wie auf Sankt Helena – in unmittelbarer Nähe eine Babylonische Weide gepflanzt. Geranienpflanzungen symbolisieren den Original-Schauplatz: das Geraniental der Insel. Über einen QR-Code erfahren die Besucher zusätzliche Hintergründe und Informationen zur einzigen Napoleon-Grabkopie abseits von Sankt Helena. Zusätzlich komponierte das Arenenberger Weingut eine Cuvée mit dem klangvollen und inhaltsschweren Namen «Tombeau de Napoléon».
Vor seinem Tod: Napoleon im Sterbebett
Das Ölgemälde von Carl von Steuben aus dem Jahr 1828 zeigt Napoleons letzte Stunden im Sterbebett umringt von seinen Liebsten und Wegbegleitern. Teil der Sonderausstellung ist das Bett, in dem der ehemalige Kaiser auf St. Helena gestorben sein soll.
Bildnachweis: Napoleonmuseum Thurgau
Im gläsernen Sarkophag gibt es dazu Stücke vom originalen Grab auf der Insel zu bewundern. Fragmente vom Sarg des Kaisers oder vom Wachhäuschen, das den Pilgerort vor Reliquienhändlern schützen sollte. Allerdings vergeblich, denn alles, was auch nur in entferntester Weise als Erinnerungsstück dienen konnte, wurde abgebaut und von skrupellosen Personen verkauft. Darunter übrigens auch selbst die engsten Vertrauten Napoleons in seinem Exil. So finden sich unter den Exponaten auch höchst originelle Stücke, wie eine Flasche, die vor 200 Jahren mit Wasser von der Quelle neben dem Grab des Kaisers gefüllt worden war. Deutlicher können die bewusst herbeigeführten Parallelen zwischen der Verehrung von Jesus Christus und Napoleon Bonaparte nicht ausfallen. Im Zentrum steht, wie bei Christus, immer wieder das Grab Das Arenenberger Napoleongrab bildet den Übergang ins Schloss selbst. Dort beschäftigt sich ein eigens konzipierter Raum mit den Auswirkungen Napoleons auf die Region.
Auch wenn weder der General, noch der Erste Konsul Bonaparte, oder gar Kaiser je am Bodensee waren, übte Napoleon entscheidenden Einfluss auf die (politische) Entwicklung in der Region aus. Während der sogenannten «Napoleonischen Kriege» fanden blutige Kampfhandlungen statt, unter denen die Bevölkerung massiv gelitten hatte. Gleichzeitig entstanden entlang des Rheins die auch heute noch geltenden verwirrenden Grenzverläufe, die durch das Versagen der Verantwortlichen zementiert wurden. Entwicklungen, die völlig in Vergessenheit gerieten und nun wieder beleuchtet werden.
Die Ausstellung «1821 Napoleons Ende: St. Helena, Arenenberg und die Geburt einer Legende» stellt den Auftakt einer zweiteiligen Ausstellungsreihe zu den Bonapartes dar. Höhepunkt der historischen Entwicklung ist ohne Zweifel die Thronbesteigung durch Louis Napoléon. Anlässlich seines 150. Todesjahres werden ihm 2023 eine Nachfolgeausstellung und europaweite Veranstaltungen gewidmet sein.
Die Ausstellung des Napoleonmuseums Thurgau 2021 ist Teil eines internationalen Kooperationsprojektes, an dem sich derzeit mehr als 30 Museen, Archive und Institutionen beteiligen. Koordiniert wird es von der Fondation Napoléon, Paris.
Weitere Informationen zur Ausstellung unter www.napoleonmuseum.ch.